Erzeuger

Für Erzeugungsanlagen ist das zulässige bzw. erforderliche Blindleistungsverhalten in [VDE-AR-4105] für den Anschluss am Niederspannungsnetz und in [MS-Richtlinie] bzw. zukünftig [VDE-AR-4115] für den Anschluss am Mittelspannungsnetz als Beitrag der Erzeugungsanlagen zur statischen Spannungshaltung festgelegt.

  • Der minimal einstellbare Verschiebungsfaktor einer NS-Anlage richtet sich dabei nach ihrer maximalen Scheinleistung. Bei Anlagen ≤13,8 kVA beträgt der minimal einstellbare $\cos \varphi = 0,95)$, d. h. die maximale Blindleistung beträgt ca. 33 % der Nennwirkleistung. Anlagen >13,8 kVA müssen $\cos \varphi = 0,95)$ erreichen können. Hierbei beträgt die maximale Blindleistung ca. 50 % der Nennwirkleistung. [VDE-AR-4105]
  • In der MS-Ebene wird seit 2008 generell ein minimal einstellbarer $\cos \varphi = 0,95)$ gefordert. [MS-Richtlinie]

Abweichungen zu den gemachten Angaben können durch die technischen Anschlussbedingungen der Netzbetreiber im Hinblick auf eine sichere und stabile Energieversorgung eingefordert werden.

Das jeweilige Blindleistungsverhalten wird normalerweise über Kennlinien definiert, z. B. $\cos \varphi (P)$ oder $Q(U)$ (siehe Abbildung 16). Alternativ kann auch ein fester Blindleistungs- oder $\cos \varphi$-Wert vereinbart werden. In einigen TAB wird auch die Vorgabe des $\cos \varphi$ über Fernwirktechnik angekündigt.

Beispielhafte Kennlinienvorgabe für das Blindleistungsverhalten von EZA am Mittelspannungsnetz
Abbildung 16: Beispielhafte Kennlinienvorgabe für das Blindleistungsverhalten von EZA am Mittelspannungsnetz

Typischerweise soll bei aktivem Einsatz von Blindleistung zur Spannungshaltung die maximale Wirkleistung nicht begrenzt werden, da dies Einbußen bei der Wirkenergievergütung zur Folge hätte. Um dies bewerkstelligen zu können, ist allerdings eine Überdimensionierung des Wechselrichters notwendig. D. h. dieser wird nicht auf die maximale Wirkleistung, sondern auf die maximale Scheinleistung zu dimensionieren sein, welche sich aus der geometrischen Summe von Wirk- und Blindleistung ergibt $(S=\sqrt{P^2+Q^2})$.

Weitere Kosten entstehen durch erhöhte Betriebsverluste aufgrund des Blindleistungseinsatzes, welche überwiegend von den stromabhängigen Verlusten verursacht werden. Abbildung 17 zeigt einen beispielhaften Wirkungsgradverlauf eines Wechselrichters in Abhängigkeit der momentanen Wirkleistungsabgabe bezogen auf die Nennwirkleistung. Bei niedriger Einspeisung (“kleiner” 30 %) kommt es zu einem erheblichen Rückgang des Wirkungsgrades, das Maximum liegt im Teilastbereich. Letzteres ist entscheidend für Wechselrichter, da dieser Betriebszustand zeitlich gesehen am häufigsten vorkommt. In guter Näherung lässt sich diese Kennlinie auch auf den Betrieb mit Blindleistungsbezug übertragen. Hierzu wird auf der Abszisse die Scheinleistung bezogen auf die Nennwirkleistung aufgetragen $(P/P_n \Rightarrow S/P_n)$. D. h. durch den zusätzlichen Blindleistungsbezug wird der Betriebspunkt im Vergleich zur reinen Wirkleistungsabgabe nach „rechts“ verschoben. Für anfängliche Betriebspunkte (bei reiner Wirkleistungsabgabe), links vom Maximum, stellt dies einen Vorteil dar. Da allerdings der Bereich rechts des Maximums einen deutlich größeren Bereich einnimmt, ergibt sich eine Verschlechterung für die Mehrzahl der möglichen Betriebspunkte.

Wirkungsgradverlauf Wechselrichter
Abbildung 17: Wirkungsgradverlauf Wechselrichter

Die Kosten für die Überdimensionierung und Betriebsverluste hat der Anlagenbetreiber zu tragen. Sie werden nicht über eine Ausgleichszahlung für die Erbringung von SDL vergütet, sondern sind damit mit der EEG-Vergütung abgegolten. Eine Ausnahme liegt bei älteren WEA vor, welche bis Erfüllung von SDL-Anforderungen einen SDL-Bonus erhalten.

In der Regel werden Wechselrichter mit aktivierter $\cos \varphi$-Kennlinie verwendet, welche autark ihr Blindleistungsverhalten einstellen. Die $Q(U)$-Regelung findet vereinzelt in der NS-Ebene Anwendung. Hier findet aufgrund des günstigeren $R/X)$-Verhältnisses (Verhältnis von ohmschen und induktiven Anteil der Netzimpedanz am Anschlusspunkt des Wechselrichters) eine geringere gegenseitige Beeinflussung von Wechselrichtern statt. Allerdings steht bei dieser Regelvariante noch eine praxistaugliche Einbindung in die Netzplanung aus.